Schalom-Prozess in Chemnitz: Justiz muss lernen, antisemitische Rechtsverstöße zu erkennen - a podcast by Südwestrundfunk

from 2021-12-18T12:12:07.363571

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Viele antisemitische Straftaten lassen sich bislang nur schwer rechtlich greifen. Darauf hat Thilo Marauhn, Professor für Öffentliches Recht und Völkerrecht an der Universität Gießen in SWR2 hingewiesen.
Beim Angriff auf das jüdische Restaurant Schalom in Chemnitz im Jahr 2018, sei es relativ eindeutig, dass es sich um eine antisemitisch motivierte Straftat gehandelt habe, sagte Marauhn. Und das werde sicher auch bei der Strafzumessung eine Rolle spielen. Aber es gäbe eben auch viele juristische Graubereiche, etwa im Zivilrecht, Mietrecht oder im Verwaltungsrecht. „Das Problem ist: der Gesetzgeber definiert Antisemitismus bislang nicht“. Deshalb lasse sich antisemitisches Verhalten nur sehr schwer rechtlich greifen. „Da muss ein Gericht sensibilisiert werden für die Frage, was ist eher dem Antisemitismus zuzurechnen und was ist allgemeine, politische Kritik“, betonte der Experte für Öffentliches Recht. Die Gerichte bräuchten da dringend Hilfestellung. „Vor allem müssen diskriminierungsrechtliche Inhalte in die Aus- und Fortbildung von Juristen und Juristinnen integriert werden“, forderte Marauhn.
Der Lehrstuhl des Juristen ist an dem Projekt „Struggling for Justice – Antisemitismus als justizielle Herausforderung“ beteiligt, das vom BMBF gefördert wird und bei dem es um die Rolle des Rechts bei der Bekämpfung von Antisemitismus geht.
Das Team an der Universität Gießen führt darüber hinaus ein von der DFG finanziertes rechtsvergleichendes Projekt (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen) „Seeing Antisemitism Through Law“ (www.satl-dfg.de) durch.

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