Familien in der Corona-Krise – „Schattenfamilien“ fühlen sich im Stich gelassen - a podcast by SWR2

from 2022-02-24T06:00

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Als „Armutszeugnis für die Politik“ bezeichnet die Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl die Probleme von Familien, die sich in der Corona-Krise im Stich gelassen fühlen. Vor einer Podiumsdiskussion mit Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Die Grünen) berichtet Strobl im Gespräch über den Bruch, den das erhöhte Infektionsrisiko ihres Kindes für sie und ihre Familie bedeutete: „Die Welt, wie wir sie vorher gekannt haben, ist komplett zusammengebrochen.“ Über Wochen habe ihre Familie keinen Kontakt mehr zu anderen Familien – und der eigenen – gehabt: „Gerade in der ersten Phase haben wir uns komplett abgeschottet.“
Die Langfrist-Folge sei eine Traumatisierung, die Strobl in den Satz fasst: „Wir leben nach wie vor in der Angst: Was ist wenn...?“ Der Politik kreidet sie es an, dass es keine zuverlässige Statistik gibt über Vorerkrankungen, die eine Infektion begünstigten: „Herz- und Lungenkrankheiten, Asthma, Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck – das sind ja keine absurden Krankheiten.“ Stattdessen schätze man, dass 12 bis 16 Prozent der Kinder derlei Vorerkrankungen hätten.Angesichts anstehender Öffnungen nach der jüngsten Corona-Welle fordert Strobl flächendeckende Testmöglichkeiten, Impfungen auch für Kinder unter fünf Jahren – und dann Verbesserungen im Bereich von Schule und Kindergarten. „Wir haben das Vertrauen in die Gesellschaft verloren“, sagt sie zu den Folgen mangelnder politischer Unterstützung. Sie meint: „Man hat offensichtlich auf falsche Berater gehört, auf Fake News – Kinder können sich nicht anstecken – die Alten seien die Vulnerablen.“
Die betroffenen Familien seien zu „Schattenfamilien“ geworden, weil sie nicht laut protestiert hätten: „Diese Familien haben auch nicht die Energie, so laut zu sein.“ Dabei übersehe die Politik allerdings: „Was für Schattenfamilien wichtig wäre, das ist auch für Familien ohne Coronainfektion wichtig.“Natascha Strobl ist Politikwissenschaftlerin in Österreich. Sie hat sich vor allem als Expertin für gewaltbereiten Rechtsextremismus einen Namen gemacht. In die Debatte um die Probleme von Familien in der Corona-Krise hat sich zu Wort gemeldet, weil sie Mutter eines Kindes mit einer Vorerkrankung ist.

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