Historiker Stephan Malinowski: Debatte um Hohenzollern und die Nazis versachlichen - a podcast by SWR2

from 2021-12-30T06:00

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Der Historiker Stephan Malinowski sieht nach den Kontroversen um das Haus Hohenzollern und dessen Rolle im Nationalsozialismus Chancen zu einem Neustart der Debatte. „Ein neues Image wäre sinnvoll“, sagt Malinowski in SWR2 mit Blick auf die juristischen Auseinandersetzungen mit dem „Chef des Hauses“, Georg Friedrich Prinz von Preußen, sowie die Rückforderung von Vermögensgegenständen von der Bundesrepublik.
„Die Familie – ihre Sprecher, Verhandler oder der ,Chef des Hauses‘ – möchten ja in Zukunft auch mit der öffentlichen Hand verhandeln, und es wird sich herumgesprochen haben“, so Malinowski, „dass wir unterdessen eine Bundestagswahl hatten und auch eine neue Regierung, in der die Handlungsträger auch andere sind, als das vor zwei oder vor fünf Jahren der Fall war.“Historiker*innen und Jurist*innen, mit denen er zusammengearbeitet habe, teilten den Eindruck, „das Klügste und Effektivste wäre von Anfang an eine historische Offenlegung der Fakten“ gewesen, sagt Stephan Malinowski im Gespräch mit SWR2, „eine unabhängige Historikerkommission einzusetzen, so wie das Ministerien und einige große Firmen gemacht haben, und von Anfang an offensiv die NS-Nähe, die sich eben konstatieren lässt für 1932, 1933 und andere Jahre offenzulegen.“
Die verschiedenen rechtlichen Auseinandersetzungen mit Georg Friedrich Prinz von Preußen um öffentliche Äußerungen zur Debatte habe er nur mit anwaltlicher Unterstützung bewältigen können, sagt der in Edinburgh lehrende Historiker. „Für mich war wichtig, einen solchen Fachanwalt an meiner Seite zu haben seit 2015, der im Übrigen alle anhängigen Fälle auch tatsächlich gewonnen hat.“2021 erschien Stephan Malinowski vielbeachtetes Buch „Die Hohenzollern und die Nazis“. Die 750-seitige Studie gilt in der Geschichtswissenschaft mittlerweile als wichtigste Veröffentlichung zu diesem Thema und sei nicht zuletzt, so Malinowski, seine wissenschaftliche Antwort auf die äußerungsrechtlichen Angriffe gegen seine Person gewesen, „weil das die einzige Methode für mich selbst war zu kontern und mich zu verteidigen“.
Es sei nicht nachweisbar, dass es Ziel der zahlreichen Abmahnungen gewesen sei, ihn sowie andere Personen aus der Geschichtswissenschaft, der Politik und den Medien einzuschüchtern, sagt Malinowski. Als gesichert dürfe aber gelten, „dass sich viele der Betroffenen, darunter auch ich, diese juristischen Angriffe in der Tat als massiven Druck subjektiv erlebt und auch als Einschüchterungsversuch empfunden haben.“Ihm erscheine dieser Fall als ungewöhnlich, so Malinowski, gerade mit Blick auf die Energie und die eingesetzten finanziellen Mittel, mit denen die Abmahnungskampagne betrieben worden sei. „Mir ist aus der bundesrepublikanischen Geschichte kein vergleichbarer Fall bekannt, an dem auch Historikerinnen und Historiker beteiligt gewesen wären.“ Nach einer Recherche des Tagesspiegels bei Berliner Gerichten hat der Prinz von Preußen seit 2019 über 80 Verfahren angestrengt.

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