FDP-Außenpolitiker Graf Lambsdorff über Russland: "Der Unterdrückungsapparat macht ja keine Pause" - a podcast by SWR

from 2021-09-20T18:05

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Nach der russischen Parlamentswahl hat der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff die relativ niedrige Wahlbeteiligung als Zeichen für die politische Unzufriedenheit in der Bevölkerung bewertet. Nach Angaben der Deutschen Presseagentur hatten russische Behörden die Wahlbeteiligung mit 51,6 Prozent angegeben. "Es zeigt einfach, dass in der Breite der Bevölkerung Desillusionierung eingetreten ist über die Politik des Kremls", sagte Graf Lambsdorff im SWR-Tagesgespräch.
Um jedoch im heutigen Russland politische Veränderungen herbeizuführen, sei großer Mut erforderlich. "Der Unterdrückungsapparat macht ja keine Pause", sagte der Diplomat weiter. So seien beispielsweise Wahlbeobachter zu ausländischen Agenten und die Organisation "Fonds zur Korruptionsbekämpfung" des Kremlkritikers Nawalny zu Extremisten erklärt worden. Darüber hinaus hätten russische Behörden die Schwesterpartei der FDP wenige Wochen vor der Wahl verboten.
Kritische Stimmen im Land hätten es also immer schwerer. Ihnen beispielsweise Hilfe aus Deutschland zukommen zu lassen, werde immer schwieriger. Umso wichtiger sei es, so Graf Lambsdorff, diejenigen zu unterstützen, die noch bereit seien, auf Missstände in Russland hinwiesen und sich für Demokratie einzusetzen.
"Russland ist nach innen ein autokratischer, mindestens mal autoritärer Staat geworden: Gleichschaltung der Medien, es gibt keine unabhängige Justiz, die demokratische Debatte ist im Grunde erstickt", sagte der FDP-Politiker. Außenpolitisch trete das Land aggressiv auf, indem es beispielsweise versuche, demokratische Prozesse im Westen zu beeinflussen.
"Ich bedauere das außerordentlich, weil ich Russland mag - aber die Politik der russischen Regierung derzeit ist leider alles andere als erfreulich", so Graf Lambsdorff.
Das Land sei einerseits ein "Freund auf der menschlichen, der kulturellen, der wirtschaftlichen Ebene und leider ein Gegner in vielen politischen Fragen". Im englischen Sprachraum nenne man das "frenemy" - also einen Freund und Feind zur gleichen Zeit. "So ist das ein bisschen mit Russland und mit immer mehr Ländern", erklärte der FDP-Außenpolitiker.

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