VRN005 - Warum Sie das Angebot der Versicherung zur Vermittlung eines Mietwagens nicht ignorieren sollten - a podcast by Stefanie Helzel

from 2016-08-23T13:20:57

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In meinem letzten Artikel hatte ich 7 Punkte, auf die Sie bei der Anmietung eine Ersatzwagens achten sollten, genannt. Jetzt kommt noch ein weiterer Punkt dazu.


Denn: Der BGH stellt alles auf den Kopf.


Der
BGH ist jetzt der Meinung, dass die Angebote der Versicherungen zur
Vermittlung eines Mietwagens verbindlich sind. Auch wenn die
Versicherung am Telefon nicht konkret wird. Statt die bisherige Linie
beizubehalten, sorgt der BGH mit diesem Urteil für noch mehr Verwirrung
auf dem Mietwagenmarkt.



Damit Sie eine Vorstellung bekommen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde lag, schildere ich Ihnen den Fall ganz kurz:


Ein
Unfallgeschädigter hatte nach dem Verkehrsunfall telefonischen Kontakt
mit der Versicherung des Unfallverursachers. Der Sachbearbeiter der
Haftpflichtversicherung bot dem Geschädigten an, einen Mietwagen für
38,00 € inklusive aller Nebenleistungen zu vermitteln.


Am
Nachmittag nach diesem Telefonat mietete der Geschädigte zu einem
wesentlich höheren Preis einen Mietwagen an. Die Differenz zwischen den
jeweiligen Mietwagenpreisen belief sich auf über 1.000,00 €.

Die Haftpflichtversicherung verweigerte die Zahlung der vollen Mietwagenrechnung und zahlte lediglich 570,00 €.


Dieser Preis wäre bei einer Anmietung über die Versicherung angefallen.


Der
Geschädigte klagte die Differenz ein. In letzter Instanz gab der BGH
(Bundesgerichtshof) der Haftpflichtversicherung recht. Es wäre dem
Geschädigten ohne weiteres zumutbar gewesen, das Angebot der
Versicherung anzunehmen.


Diese hätte die Telefonnummer
des Geschädigten an die Autovermietung weitergegeben, damit sich dann
die Autovermietung selbst zur Vereinbarung weiterer Einzelheiten mit dem
Unfallgeschädigten in Verbindung setzen kann. Bei dem Fahrzeug des
Geschädigten hat es sich um kein „Exotenfahrzeug“ gehandelt, sondern um
einen Wagen in dessen Klasse die Autovermietung bestimmt problemlos
ein Fahrzeug zur Vermietung frei gehabt hätte.


Dass der
Geschädigte diese Möglichkeit außer Acht gelassen hat, wertet der BGH
als Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht. Dem Kläger wurden keine
weiteren Mietwagenkosten zugesprochen.



Was ändert sich durch das Urteil?


  1. Bisher galten die Vermittlungsangebote der Versicherungen als unbeachtlich


Es
war Meinung des BGH und verbreitete Auffassung der Gerichte, dass die
Versicherung keine Vorgaben zur Anmietung eines Ersatzwagens machen
darf. Es sei allein die Entscheidung des Geschädigten wann er wo einen
Ersatzwagen anmiete. Die Versicherung habe kein Regierecht. Das LG
 Chemnitz hat z.B. in seinem Urteil vom 21.01.2011, Az. 6 S 281/10 so entschieden.


Außerdem
handelt es sich bei den Angeboten der Versicherungen um Spezialtarife.
Solche Spezialtarife wurden vom BGH bislang generell
als unbeachtlich angesehen, da man auf dem freien Markt keinen Zugang
zu diesen Angeboten hat.


Auch wurde immer gefordert,
dass die Versicherung die Angebote ganz konkret benennen muss. Die
Angebote mussten so konkret sein, dass Sie als Unfallgeschädigter
einfach nur „ja“ sagen, wenn Sie einen Mietwagen haben wollten. Solange 
nicht klar war, wer der Vermieter war, wo der Mietwagen steht, um was
für ein Fahrzeug es sich handelt etc. hat der BGH diese
Vermittlungsangebote als unwirksam abgelehnt.


Das alles soll nicht mehr gelten.


Jetzt soll es ausreichen, wenn die Versicherung Ihnen am Telefon einen Ersatzwagen zum Preis x anbietet.

„Wenn Ihnen durch die Versicherung telefonisch ein Mietwagenangebot gemacht wurde, müssen Sie dieses annehmen.“


Diese
Entscheidung ist Wasser auf den Mühlen der Haftpflichtversicherer.
Damit kehrt der BGH seiner bisherigen Meinung den Rücken und sagt ganz
deutlich:


Mieten Sie zu einem höheren Preis an,
verstoßen Sie gegen die Schadenminderungspflicht. Dabei ist es auch
egal, wenn Ihnen die Versicherung Roß und Reiter noch nicht klar
benennt. Es genügt, wenn die Autovermietung mit Ihnen Kontakt aufnehmen
und die Einzelheiten besprechen kann.


Somit hat der BGH
jetzt der bloßen Verweismöglichkeit auf ein günstigeres Angebot den Weg
frei gemacht. Ein konkretes, annahmefähiges Angebot ist damit nicht
mehr notwendig.


Für Autovermieter, die mit diesen
Preisen der Haftpflichtversicherung aus wirtschaftlichen Gründen nicht
mithalten können, ist dieses Urteil eine bittere Pille.



  1. Was bedeutet das für Sie?


„Sobald
es zumutbar ist, das Vermittlungsangebot der Versicherung ohne
Einschränkung anzunehmen, müssen Sie dieses Angebot annehmen. Lehnen Sie
ein solches Angebot ab und nehmen stattdessen einen teureren Wagen
Ihrer Autovermietung bzw. Ihrer Werkstatt an, verstoßen Sie gegen die
Verpflichtung den Schaden zu mindern.“


Diese zwei Punkte müssen Sie beachten:


  1. Hatten
    Sie bereits Kontakt mit der Versicherung des Unfallverursachers und hat
    diese Ihnen das Angebot gemacht, einen Mietwagen zu einem bestimmten
    Preis zu vermitteln, sagen Sie das Ihrem Autovermieter. Auch wenn Sie
    dann möglicherweise die Antwort bekommen, dass das
    alles unbeachtlich sei. Es kann sein, dass Ihre Werkstatt bzw. die
    Autovermietung dieses Urteil noch nicht kennt. Daher ist auch nicht
     auszuschließen, dass weiterhin die Vermittlungsangebote der
    Versicherung als unwirksam abgetan werden. Sie sollten sich auf keinen
    Fall auf höhere Preise einlassen, damit Sie am Ende nicht auf höheren
    Mietwagenkosten sitzen bleiben.


Als Autovermieter
bzw. als Werkstatt sollten Sie vor der Autovermietung Ihren Kunden
unbedingt danach fragen, ob bereits telefonischer Kontakt mit
der Versicherung bestanden hat. Die Vermittlungsangebote kommen oft auch
schriftlich. Wenn der Kunde schon von der Versicherung Preise zu einem
günstigeren Mietwagen genannt bekommen hat, ist Vorsicht geboten. Klären
Sie dies unbedingt erst ab, bevor Sie Ihren Mietwagen an den Kunden
herausgeben.



  1. Solange Sie keinen Kontakt
    mit der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers aufnehmen, kann
    diese Ihnen kein Vermittlungsangebot machen. Sie können also bei Ihrer
    Werkstatt oder Autovermietung Ihrer Wahl „ohne Bauschmerzen“ einen
    Ersatzwagen anmieten.


Die Versicherung muss dann die erforderlichen Mietwagenkosten
erstatten. Wonach sich an Ihrem Wohnort die erforderlichen
Mietwagenkosten richten, hängt wiederum von der örtlichen Rechtsprechung
ab. Im Raum Nürnberg werden die Mietwagenpreise nach
dem Schwacke-Automietpreisspiegel abzüglich eines pauschalen Abschlages
von 17% als erforderlich angesehen.



Gilt das auch, wenn die Versicherung schriftlich ein Vermittlungsangebot macht?


Mehrfach
wird in dem Urteil betont, dass das Angebot der Versicherung zu
beachten ist, wenn das Angebot „ohne weiteres zugänglich ist“. Was der
BGH darunter versteht, bleibt leider ungeklärt.


Allerdings
kann die bisherige Meinung des Gerichts als Hilfe herangezogen werden.
Das  Angebot muss annahmefähig sein, man muss einfach nur ja sagen. Das
ist nicht der Fall, wenn das Angebot schriftlich kommt. Bei einem
Schreiben der Versicherung wären Sie gezwungen, mit der
Versicherung telefonisch Kontakt aufzunehmen, damit eine Vermittlung des
Mietwagens an Sie erfolgen kann. Dazu besteht allerdings keinerlei
Verpflichtung. Sie müssen die Versicherung nicht extra anrufen, damit
diese Ihnen einen günstigeren Mietwagen vermitteln kann.


Ich
bin mir absolut sicher, dass die Versicherer dieses Urteil dazu nutzen
werden, ihre Kürzungsstrategie auszuweiten. Bei einem „nur schriftlichen
Vermittlungsangebot“ wird es dann auch künftig bei der Abrechnung
heißen:


„Wir haben Ihnen einen Mietwagen für x Euro
angeboten. Dieses Angebot hätten Sie annehmen müssen. Sie haben durch
die Anmietung eines teureren Fahrzeugs gegen
die Schadenminderungspflicht verstoßen. Wir sehen uns deshalb nicht
veranlasst, weitere Zahlungen auf die Mietwagenkosten zu leisten.“



Was Sie tun können, um keine Probleme mit der Versicherung zu bekommen


Wenn Sie schon Kontakt mit der Versicherung hatten, nehmen Sie das Angebot des günstigeren Mietwagens an.


Haben
Sie mit der Versicherung noch nicht gesprochen, lassen Sie sich bei der
Schadensregulierung durch Ihre Werkstatt unterstützen und vertrauen auf
deren Erfahrung.



Zum Urteil des BGH vom 26.04.2016

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